Eine traditionelle Kunstrichtung wilden Denkens unter Dichtern, Künstlern, und Zen-Mönchen in Japan ist das Schreiben eines >>Todesgedichts<<, sobald die eigene letzte Stunde naht. Es gilt als Betrug, dieses Todesgedicht zu verfassen, solange nicht sicher ist, dass der Dichter kurz vor seinem Tod steht - da das Todesgedicht die letzte Prüfung der eigenen Haltung im Angesicht des Todes ist, ein Zeugnis der erlangten geistigen Stufe.

Ein paar Tage vor seinem Tod rief der Zen-Meister Kozan Ichikyo seine Schüler zusammen und trug ihnen auf, ihn ohne Zeremonien einzuäschern, und untersagte ihnen, für ihn Gedenkfeiern abzuhalten. Am Morgen seines Todes schrieb er das folgende Todesgedicht, legte den Pinsel aus der Hand und verschied aufrecht sitzend.

Mit leeren Händen betrat ich diese Welt,
barfuss verlasse ich sie wieder.
Mein Kommen, mein Gehen -
zwei unwesentliche Ereignisse,
die sich verwickelt hatten.

Zen-Mönche versuchen, ihrer Tradition entsprechend, zu sterben, während sie meditieren. Der chinesische Zen-MeisterTschi-Hsien fragte seine Schüler: Wer stirbt im Sitzen? Sie antworteten: Ein Mönch. Er fragte weiter: Wer stirbt im Stehen? Und seine Schüler antworteten: Ein erleuchteter Mönch. Tschi-Hsien tat sieben Schritte und starb aufrecht stehend.

Im "Oriental Humor" berichtet R.H. Blyth von einem noch beeindruckenderen Abgang: Der Zen-Mönch Teng Yingfeng fragte seine Anhänger, ob schon jemand auf dem Kopf gestorben sei. Als man ihm entgegnete, dass man solches noch nie gesehen oder davon gehört habe, machte Teng einen Kopfstand und starb. Ein grossartiger Schlussakt für einen grossen Narren.